Mauer mit Schriftzug
Foto: Stephan Linck, Evangelische Akademie der Nordkirche

Freitag, 13. August 2021

Abwehr und Aneignung. Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus nach 1945 – und heute?

Freitag, 13. August 2021,
Nordsee Akademie
Flensburger Str. 18 25917 Leck

Die Rezeption der Geschichte und Verbrechen des Nationalsozialismus umfasst heute bereits mehr als 75 Jahre. Die „zweite Geschichte“ der NS-Zeit nach 1945, die Geschichte unterschiedlichster Formen der Wahrnehmung und Auseinandersetzung, bewegte sich zwischen den Polen „Abwehr“ und „Aneignung“: Schweigen, Verdrängen, Leugnen und Bagatellisierung waren von Anfang an im Kampf mit Aufklären, Gedenken, Erinnern und tagesaktueller geschichtspolitischer Ausbuchstabierung der Bedeutung dieser Vergangenheit.

Die Landesgedenkstättentagung rückt diesen langen, oft skandalösen und windungsreichen Weg seit dem Zusammenbruch der Hitler-Diktatur in den Mittelpunkt. Sie beleuchtet unterschiedliche Pfade der (Nicht-)Auseinandersetzung: von der Suche nach NS-Tätern und deren mühsamer strafrechtlicher Aburteilung über die Geschichte von Verfolgtengruppen bis hin zu den Fragen biografischer Motivation in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten und des Generationenwandels im Umgang mit Nationalsozialismus, Völkermord und Vernichtungskrieg.

Der lange mehrheitlich beschwiegenen und verdrängten „Last der Geschichte“ folgte eine intensive, häufig bürgerschaftlich und wissenschaftlich initiierte öffentliche Vergangenheitsklärung. Dies geschieht auch in Debatten, die sich kritisch mit den Formen der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus beschäftigen, so zum Beispiel um die „Lust an der Schuld“ (Antonia Grunenberg) und ein „neues Unbehagen an der Erinnerungskultur“ (Aleida Assmann). Jüngste Angriffe von rechten Demokratiefeinden betreiben hingegen eine geschichtsrevisionistische Abwehr der Aufklärungsarbeit. Dieser breite inhaltliche Horizont der Tagung wird vertieft und konkretisiert mit einem Themenabend zu dem expressionistischen Maler Emil Nolde, einem besonderen Beispiel (auch) schleswig-holsteinischer NS-Geschichte und -Rezeption. Am Ende steht die Diskussion um heutige gesellschaftliche Herausforderungen durch Rechtsextremismus, Migration und Rassismus. Bezogen auf die Vermittlungsarbeit von Gedenkstätten geht es dabei um die Frage, in welchem Spannungsfeld heute das Bemühen um Aufklärung und Reflexion steht.

Im Mittelpunkt der Tagung steht somit das Wechselverhältnis von (veränderten) gesellschaftlichen Bedingungen und den jeweiligen Debatten um den Stellenwert der historischen Zäsur der Zeit des „Dritten Reiches“.

Die Tagung wird gemeinsam durchgeführt von:

  • Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten
  • Evangelische Akademie der Nordkirche
  • Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein
  • LAG Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Schleswig-Holstein
  • Landesbeauftragter für politische Bildung Schleswig-Holstein
  • Landeskulturverband Schleswig-Holstein

Programm

Freitag, 13. August 2021

17.00 Uhr: Ankommen

17.30 Uhr: Abendessen

18.15 Uhr: Begrüßung: Uta Körby, Vorsitzende der LAG Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Schleswig-Holstein

18.30 Uhr: Einführung in die Tagung: Dr. Hauke Petersen, Stellvertreter des Landesbeauftragten für politische Bildung Schleswig-Holstein

18.45 Uhr: Rattenlinie Nord und Fahndung nach Kriegsverbrechern. Wie die Koordinaten der Nachkriegsentwicklung entstanden

Dr. Stephan Linck, Studienleiter für Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit, Evangelische Akademie der Nordkirche

Sonnabend, 14. August 2021

08.00 Uhr: Frühstück

09.00 Uhr: Einführung in den Tag: Dr. Harald Schmid, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten

09.15 Uhr: Workshops

W1: Verfolgte am Beispiel der Sinti und Roma

  • Impulsreferat: Dr. Kristina Vagt, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „Transgenerationelle Überlieferung von Geschichte: Bausteine zur Zukunft der Erinnerung in der Migrationsgesellschaft“ in der KZ- Gedenkstätte Neuengamme
  • Gesprächspartner: Rolf Schlotter, stellv. Vorsitzender des Landesverbands der Sinti und Roma Schleswig-Holstein
  • Moderation: Dr. Jens Rönnau, Vorsitzender Mahnmal Kilian e.V. im Flandernbunker, Kurator der Wanderausstellung „Geschichte der Sinti und Roma in Schleswig-Holstein“

W2: Verfolgergesellschaft – Justiz und Polizei

  • Impulsreferat: Dr. Stephan Linck
  • Gesprächspartner: Hans-Ernst Böttcher, Präsident des Landgerichts Lübeck a.D.
  • Moderation: Dr. Katja Happe, Leiterin der KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund

W3: Generationenwandel im Umgang mit der NS-Zeit

  • Impulsreferat: Marina Chernivsky, Leiterin des Kompetenzzentrums Prävention und Empowerment, Berlin
  • Gesprächspartnerin: Heike Linde-Lembke, Journalistin, Norderstedt
  • Moderation: Dr. Kilian Lembke, stellvertretender Vorsitzender des Landeskulturverbandes Schleswig-Holstein

12.00 Uhr: Mittagessen

14.00 Uhr: Biografische Motivation im gesellschaftlichen Wandel

Moderation: Dr. Harald Schmid

Gesprächsrunde 1: Präsentation der Workshop-Ergebnisse

Gesprächsrunde 2 mit Anke Spoorendonk, schleswig-holsteinische Ministerin für Justiz, Kultur und Europa a.D., Uta Körby, Gründungsmitglied der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen, Marthe Burfeind, Leiterin der Gedenkstätte Ahrensbök und Dr. habil. Bettina Goldberg, Flensburg.

Anschließend: Plenumsgespräch

16.00 Uhr: Abreise nach Seebüll

16.30 Uhr: Besuch der Ausstellung und des Gartens des Malers Emil Nolde

17.45 Uhr: Abreise in Seebüll

18.15 Uhr: Abendessen in Leck

19.00 Uhr: Januskopf – Der Künstler Emil Nolde zwischen Nationalsozialismus und Nachkriegsgesellschaft

Dr. Astrid Becker, Stellvertretende Direktorin der Nolde Stiftung Seebüll

Sonntag, 15. August 2021

08.00 Uhr: Frühstück

09.00 Uhr: Aktuelles aus der Gedenkstättenszene, Berichte und Projektvorstellungen

09.45 Uhr: Abwehr und Aneignung: Aufgaben und Selbstverständnis heute.

Einführung ins World-Café: Dr. Hauke Petersen

10.00 Uhr: World-Café

Tisch 1: Rechtsextremismus, Torsten Nagel, Regionales Beratungsteam gegen Rechtsextremismus, Flensburg

Tisch 2: Flucht und Migration, Idun Hübner, Zentrale Bildungs- und Beratungsstelle für Migrantinnen und Migranten (ZBBS), Kiel

Tisch 3: Rassismus und Kolonialismus, Daphne Ivana Sagner, Kollektiv afrodeutscher Frauen Schleswig-Holstein

Tisch 4: Jugendliche als Zielgruppe der Vermittlungsarbeit, Wulf Dallmeyer, Landesjugendring Schleswig-Holstein

11.30 Uhr: Podiumsdiskussion zu den Tagungsschwerpunkten und Themendebatten, Moderation: Dr. Kilian Lembke

13.00 Uhr: Mittagessen und Abschluss der Tagung

Seminargebühr

Die Seminargebühr beträgt 99 Euro und schließt die Tagungskosten, Unterkunft, Verpflegung und die Exkursion nach Seebüll mit ein. Ermäßigt 49 Euro für ehrenamtliche Mitarbeiter:innenvon Gedenkstätten. Ermäßigt 29 Euro für Schüler*innen und Student*innen. Einzelzimmerzuschlag: 10 Euro pro Nacht.

Bitte überweisen Sie die Gebühr auf dieses Konto: Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten IBAN: DE64 2105 0170 1003 5027 11BIC: NOLADE21KIE (Förde Sparkasse) Verwendungszweck: Tagungsgebühr Landesgedenkstättentagung

Wir gehen davon aus, dass wir eine Begegnungsveranstaltung in der realen Welt machen können. Es gelten die dann bestehenden Corona-Bedingungen.