Das Deutsche Kaiserreich (Heft 329)

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Die Geschichtswissenschaft hat das Deutsche Kaiserreich lange Zeit hauptsächlich als Vorbelastung für die Weimarer Republik und als Wegbereiter des Nationalsozialismus gedeutet. Doch die Epoche von 1871 bis 1918 offenbart bei näherer Betrachtung auch eine ausgeprägte Modernität. Die vorliegende Darstellung legt den Schwerpunkt auf die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umbrüche des ersten deutschen Nationalstaats.

Das Kaiserreich, der erste Nationalstaat auf deutschem Boden, war eine Epoche politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Umbrüche, die bei näherer Betrachtung eine ausgeprägte Modernität offenbart: Neue Bevölkerungsschichten melden ihren Anspruch auf politische und gesellschaftliche Teilhabe an, die Demokratisierung schreitet voran, Technik, Industrialisierung revolutionieren die Lebens- und Arbeitswelt. Deutschland wird kurzfristig Kolonialmacht und erlebt seit den 1880er-Jahren in einer ersten Welle der Globalisierung eine weltwirtschaftliche Verflechtung, die es – bedingt durch zwei Weltkriege – erst ab den 1970er-Jahren wieder erreichen wird. In ihrer Gesamtheit erschüttern diese Entwicklungen alte Gewissheiten und rufen bei vielen Zeitgenossen Symptome der Überforderung hervor. Nach der Delegitimierung der überkommenen politischen Ordnung im Gefolge des Ersten Weltkriegs geht diese in revolutionären Massenerhebungen unter.

1/2016

Das Deutsche Kaiserreich (Heft 329)
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